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Ruth Horak

Es könnte aus einem ihrer Fotokataloge stammen, das Spiel von Licht und Schatten, aufgebrochen durch zwei Liegestühle, die scheinbar verträumt dem Wasser zugewandt stehen …. Aber die Szene ist real: Wir stehen auf der Terrasse von Ruth Horak, Kunsthistorikerin, die in Schwadorf bei Wien lebt. Fotografie ist ihre Leidenschaft und die Texte, die sie zur Fotokunst für Kataloge, Bücher und Zeitschriften verfasst, sind philosophisch, leicht und immer punktgenau. Die anerkannte Kuratorin führt uns durch ihr stimmungsvolles und künstlerisches Zuhause und zeigt uns dort vor allem eins: Ihren Schreibtisch. Um diesen nämlich, den „Curator’s Desktop“, geht es in ihrer aktuellen Ausstellung, die sie am 24. Mai 2018 in der „Anzenberger Gallery“, der Galerie für zeitgenössische Fotografie, in der Brotfabrik in Wien eröffnet. Bis zum 4. August 2018 sind Fotografien von unter anderem John Cyr, Anita Witek oder Gregor Schmoll zu sehen, von dem übrigens auch die signierte Bar auf der Terrasse stammt.

17. Mai 2018

Fast verwunschen liegt das Haus hinter dichten Büschen und Bäumen, vis a vis eines Schlossparks und am Beginn eines kleinen Augebietes. Einst ein Baumwollmagazin der benachbarten Spinnerei, haben Ruth und ihr Mann das Gebäude völlig umgebaut und damit das Haus zur Gänze geöffnet. Wie üblich bei Spinnereien fließt vor dem Haus Wasser, in diesem Fall die Fischa, und speist zwei Wasserkraftwerke, die ein autarke Stromversorgung ermöglichen. Zwei Jahre lang hat der Umbau gedauert; geworden ist daraus ein Schmuckstück, einzigartig und mit viel Liebe zum Detail. „Wir haben sehr versucht, den Originalcharakter des Hauses zu erhalten, historische Baustoffe verwendet und vor allem echte Materialien wie den Cotto, den wir aus Italien geholt haben, oder die für Maltesische Hauseingänge typischen gemusterten Zementfliesen,“ erzählt die dreifache Mutter. „Wir haben Sparren und Träme für das Dach sogar beim Altholzhändler gekauft. Das neue Schalungsholz haben wir draußen Regen und Sonne ausgesetzt, damit es vergraut.“

Ein Stein vor der Tür ist der Schlussstein des Anwesens, den die Familie im Wasser gefunden hat. Darauf steht das Datum des Gebäudes: 1764.

Aber auch Innen erinnert das Zuhause der Horaks an ein Märchenschloss: Prominent im langgezogenen Wohn-/Esszimmer steht neben der Lounge-Ecke ein großer Billardtisch. Der wuchtige Spiegel ist ein weiterer Blickfang und echter Kunstgegenstand an der Wand. In Handarbeit und nach und nach hat ein österreichischer Spiegelmacher das Prachtstück über zwei Jahre gefertigt. Die Lichtröhre darüber ist ein Überbleibsel aus der ehemaligen Spinnerei, genauer gesagt wurden hier die Spinnkannen, durch die die rohe Baumwolle gezogen wurde, zu Leuchtröhren gemacht. Wie in einem Märchen …. Es wird jeder Wunsch erfüllt. Und da es das Haus einer Kunstexpertin ist, wird auch der Wunsch nach Gesprächen mit Künstlern, Diskussionsrunden über Fotografie und temporären Ausstellungen realisiert: Nämlich am langen Esstisch, an dem die engagierte Kuratorin gerade die anstehende Ausstellung vorbereitet bzw. uns Bücher vergangener Projekte zeigt.

Wer denkt, das Wohnzimmer sei eine große Sammlung von vielen einzelnen Kunstgegenständen mit liebevollen Details, ist beim Schwimmbad im verglasten Raum daneben restlos fasziniert. Es ist wohl der exotischste Raum im Haus, für Ruth immer noch nicht exotisch genug: „Ich möchte, dass sich die Pflanzen in Malereien an den Wänden fortsetzen und so den ganzen Raum umschlingen,“ lacht die sympathische Kunstexpertin. Hier findet sich ein Potpourri an Dingen: Muschel- und Steinsammlungen, angeschwemmtes Holz aus dem Fluss, Pflanzen in Töpfen, ein Luster aus dem Familienerbe und und und.

Auch die Küche ist ein beziehungsvoller Ort voller (Foto-)Kunst. Fast alle Werke hat Ruth Horak in direkter Zusammenarbeit mit den Künstlern und Künstlerinnen erworben oder im Tausch mit Texten oder durch Ausstellungen erstanden. „Der Austausch mit den Fotografen und Fotografinnen ist unglaublich bereichernd, und ich liebe es, ihre Entwicklung – gerade die der jungen – am Kunstmarkt zu verfolgen.“ Auch hier Relikte aus Zeiten, in denen das Gebäude noch eine Spinnerei war: Die alte Waage und die Werkzeugkästen stammen noch von vor dem Umbau zum Familienheim.

Die Fotokunst im Eingang stammt – wie andere Fotos auch – von ihren Eltern, dem Künstlerpaar Horakova + Maurer: Es ist ein Bild aufgenommen mit der berühmten Spionagekamera „Minox“ und zeigt die Auslage eines Juweliers bei Nacht in der Diamond Row in New York.

Ein absoluter Lieblingsplatz, in dem die enthusiastische Fototheoretikerin ihre Kreativität gänzlich ausleben kann, ist das Arbeitszimmer. Hier umgibt sich Ruth auch gerade mit Materialien, um ihre anstehende Ausstellung nächste Woche vorzubereiten. Die Texte schreibt sie dafür (ausnahmsweise) auf einer Schreibmaschine aus den 1940er Jahren. Das rechte Bild auf ihrem Computer stammt von dem Fotokünstler Markus Burgstaller, dessen modifizierte Flipcharts selbstverständlich auch als Exponate zu sehen sein werden. „Curator’s Desktop“, welch beziehungsvoller Titel ihrer neuesten Ausstellung! Denn all die zu sehenden Kunstwerke sind über diesen Schreibtisch gegangen …. . So wie viele weitere Fotokunstwerke seit über 20 Jahren. Entsprechend lautet ihre Webadresse: www.photography-she-said.com. Zu sehen und zu spüren ist die Faszination der Kuratorin für die Fotografie und für die Künstler und Künstlerinnen wie auch für die Leidenschaft über das Medium selber, für Licht und Schatten und für die Kunst im Allgemeinen. Wir durften sie jetzt schon – vor Ausstellungseröffnung - im ganzen Haus und im Garten mit Fluss erleben. Was für eine begeisternde Erfahrung! Es macht Lust auf mehr …. wie in einem Märchen - und besser!

Fact rap: Ruth Horak

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